“Nichts ist so beständig wie die Veränderung” heißt es. Die aktuelle Situation führt uns recht drastisch vor Augen, wie schnell und stark Veränderungen uns treffen können und welche Wirkungen sie entfalten. Eben waren wir noch auf Arbeit inmitten unserer geschätzten Kollegen am Whiteboard oder Flipchart zugange, um ein komplexes Produkt oder Projekt voranzubringen.
Jetzt sitzen wir allein zuhause im Home-Office und versuchen diese Aufgabe über die Ferne anzugehen. Unsere Gedanken kreisen aber weniger um das Produkt bzw. Projekt, sondern beschäftigen sich mit der Frage “Wie soll das denn gehen?”.
Die Remote-Scrum Community hat sich zur Aufgabe gemacht, hierbei praktische Hilfestellung zu geben. Die digitale Transformation hat Werkzeuge zur virtuellen Interaktion hervorgebracht. Hierzu zählen neben verschiedensten Systemen zur Videokonferenz auch Systeme zur Unterstützung interaktiver Zusammenarbeit. Eine “Nische” sind die digitalen Whiteboards.
In dem Online-Meetup “Praxisnahes erleben und bewerten digitaler Whiteboards” haben wir verschiedene Systeme ausprobiert und anhand eines ko-kreativ erstellten Kriterienrahmens verglichen.
In diesem Artikel soll es um die Ergebnisse des Tests mit Conceptboard gehen, wobei wir die Bewertungskriterien zur Gliederung nutzen und abschließend unser Fazit ziehen.
Der Artikel basiert auf den Erkenntnissen einer kleinen Testgruppe während des erwähnten Meetups sowie den Recherchen und Erfahrungen von Frank Gerich und mir.
Beispiel-Board
Um ein Board zu erstellen, ist eine Registrierung notwendig. Diese ist kostenlos und schnell erledigt. Nach erfolgter Registrierung wird man automatisch in den Nutzerbereich geführt. Das Board kann über den Button “+ neues Board” oben rechts im Fenster erstellt werden.
Es wird ein neuer Reiter mit dem Board geöffnet.
Kosten
Es gibt eine kostenlose Variante und verschiedene Bezahlvarianten, die sich vornehmlich bezüglich Speichermenge und Zugriffsschutz unterscheiden. Die Bezahlvarianten sind als 30 Tage Testversion erhältlich.
Die kostenlose Variante ist bzgl. Anzahl zu verwendender Objekte auf 100 beschränkt. Bei den Bezahlvarianten besteht diese Einschränkung nicht. Sollen mehr als 50 Teilnehmer auf einem Board mitarbeiten können, ist die Enterprise-Variante notwendig. Eine genaue Übersicht zu Kosten und Funktionsumfang ist auf der Webseite zu finden.
Templatefähigkeit
Conceptboard stellt eine Vielzahl an Templates bereit, mit denen sich schnell ein Grundkonzept von Workshops oder Meetings zusammenstellen lässt. Beispiele sind Kanban Board, Moodboard, Lean Canvas, Fishbone Diagram, 5 Why’s, Customer Journey Map, Customer Empathy Map,Business Model Canvas, Brain Writing, Balanced Scorecard, Gantt Chart, SWOT Analysis, …
Die Templates sind nach Kategorien sortiert und sind somit schneller auffindbar. Auswählbar sind sie über den “+”-Button oben links unterhalb der Seitenmenüleiste und dann “Template einfügen”.
Man kann zwar keine eigenen Templates anlegen. Allerdings können die Boards dupliziert werden. Somit können Eigenkreationen in gleichem Maße genutzt werden. Durch die Möglichkeit Bilder und PDFs zu importieren, existiert ein weiterer Weg Vorlagen einzubringen.
Intuitive Bedienbarkeit
Die Testgruppe hat die Bedienbarkeit mit 7 auf einer Skala von 0 bis 10 bewertet. Die Benutzeroberfläche ist recht aufgeräumt und die verwendeten Ikonen sind nahezu selbsterklärend. Da diese Einschätzung aber immer subjektiven Charakter hat, empfiehlt es sich, es am Besten selbst einmal auszuprobieren.
Weitere Informationen zum Funktionsumfang kommen weiter unten in diesem Artikel.
Einbindung weiterer Hilfsmittel
Es können nahezu alle Dateiformate eingefügt werden. Der Standardweg ist über das Menü (siehe Bild weiter oben) oder per Drag&Drop (z.B. Bilder).
Interessant ist das Einfügen von PDF-Dateien. Diese werden seitenweise als sogenannte Abschnitte eingefügt und sind nach erfolgtem Import auch einzeln annavigierbar. Dies ist hilfreich, wenn das Boards anschließend z.B. für eine Präsentation oder zur gemeinsamen Überarbeitung des Dokuments genutzt werden soll.
Videos sind ebenfalls importierbar. Diese müssen allerdings auf jedem Rechner separat gestartet werden.
Navigierbare Links sind einbettbar. Somit kann ein Board als Verteilstation genutzt werden.
Dokumentation, Export
Einzelne Elemente können als Bild exportiert werden (png). Handelt es sich um einen PDF-Import, kann neben dem Bildexport auch das Original abgerufen werden.
Ganze Boards können als Bild (png) oder im pdf-Format exportiert werden.
Sicherheit
Conceptboard ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Stuttgart. Sie werben mit “Hosting in Germany”. Die AWS-Server stehen eigenen Angaben nach in Frankfurt. Ausführliche Informationen seitens des Unternehmens finden sich in den Sicherheitshinweisen.
Beim Teilen eines Boards mit anderen kann festgelegt werden, welchen Bearbeitungsmodus die anderen haben dürfen. Zur Auswahl stehen Reader (nur Lesen/Anschauen), Reviewer (Kommentare, Notizen möglich) oder Editor (volle Bearbeitungsmöglichkeit).
Eigene Serverinstanz
Das Hosting auf eigenen Servern im eigenen Netzwerk ist möglich. Informationen hierzu finden sich unter https://conceptboard.com/onpremises/.
Performanz & Skalierbarkeit
Beim Testlauf mit 7 Personen gab es keine Probleme. Aus den Erfahrungswerten von Dauernutzern wissen wir, dass ein Board mit 120 Teilnehmern durchaus problemfrei nutzbar ist.
Bei einer hohen Anzahl von Formen, Texten, eingebundenen Videos und Dokumenten kann es jedoch zu Verzögerungen in der Bedienbarkeit kommen.
Tablet-Freundlichkeit, App
Conceptboard ist aktuell rein browserbasiert. Eine dedizierte App gibt es nicht.
Durch die nahtlose Zoomfunktionalität ist auch auf Tablets ein einigermaßen angenehmes Arbeiten möglich.
Durch die Überblicksansicht links unten im Fenster hat man stets im Blick, wer sich wo auf dem Board gerade befindet. Hier befindet sich auch eine Einstellmöglichkeit für den Bedienmodus.Es wird zwischen Maus+Tastatur, Trackpad+Tastatur und Stift unterschieden. Eine automatische Erkennung ist ebenfalls einstellbar. Beim Test mit iPad und Pencil war sowohl die Bedienung als auch das Schreiben mit dem Stift problemlos möglich.
Facilitation-Unterstützung
Ein Board oder auch einzelne Objekte können mittels URL mit anderen geteilt werden, z.B. via Chat oder Mail. Beim Betreten des Boards kann man zwischen Gastzugang und eigener Registrierung wählen. Bei der kostenlosen Version kommen Gäste max. als Reviewer auf das Board, können nach Betreten aber mit Editor-Rechten ausgestattet werden.
Es gibt einen Follow-Me-Modus bei dem alle Teilnehmer mit dem Moderator mitgeführt werden. Dieser Modus kann individuell verlassen und wieder zugeschaltet werden.
Die Mauszeiger der Teilnehmer sind für alle sichtbar und mit Namen versehen. Somit kann der Moderator bei seinen Ausführungen einfach mit der Maus auf eine Stelle zeigen und die Teilnehmer können bequem mit den Augen folgen. Dieses Feature kann auch für schnelle Meinungsabfragen, kurze Aufstellungsszenarien oder “Fertig”-Anzeichen genutzt werden. Über das Menü “Ansicht” ist das Feature für den individuellen Browser abschaltbar. Das empfiehlt sich gerade bei einer größeren Anzahl von Teilnehmern. Da es hier leicht unübersichtlich und chaotisch werden kann.
Eine Timer-Funktion gibt es aktuell nicht.
Kreativität, Anmutung
Die Testgruppe hat diese Kategorie mit 8 (Modus Editor) und 5 (Modus Reviewer) auf einer Skala von 0 bis 10 bewertet. Der Unterschied ist dem geringeren Set an verfügbaren Objekten (Formen, Textfelder, usw.) im Modus Reviewer geschuldet.
Der Editormodus ist aber in allen Varianten (auch in der kostenlosen) uneingeschränkt verfügbar. Somit kann auch der vollständige Objektumfang genutzt werden.
Funktionalität
Der Funktionsumfang ist sehr mächtig. Angefangen bei verschiedenen Stiftarten und -formen, Radierer, grundlegenden Formen, Gruppierungsmöglichkeit, Ebenen, Objekttransparenz, verschiedene Farbschemata über Kommentar- und Aufgabenfunktion bis hin zu Post-Its, Templates und Einbindung verschiedener Dateiformate bleibt kaum ein Wunsch offen.
Durch die Möglichkeit ein Board in Abschnitte aufzuteilen, ist neben der Strukturierung auch eine schnelle Navigation mittels der Abschnittsübersicht möglich. Noch schneller geht es über Objektlinks. Hiermit können alle Arten von Objekten auf einem Board direkt angesprungen werden. Das ist z.B. hilfreich wenn Kleingruppenarbeitsbereiche mit dem “Auditorium” verknüpft werden sollen, wie bei OpenSpaces oder anderen Gruppenveranstaltungen mit wechselnden Aktivitäten in der gesamten Gruppe und in Kleingruppen.
Die Möglichkeit Kommentare in individuell zuordenbare Aufgaben zu verwandeln kann hilfreich sein, um Folgeworkshops vorzubereiten. Damit ist Aufgabentracking und Arbeitsumfeld an einem Ort. Bei Zuweisung einer Aufgabe wird zusätzlich eine Mail an die entsprechenden Personen versendet.
Fazit Frank
Kennengelernt: kennen und lieben gelernt habe ich das Conceptboard bei einem virtuellen Barcamp Ende März. Seitdem nutzen wir es täglich im Team.
Funktion: Conceptboard ist mächtig durch die umfangreiche modulare Funktionalität und trotzdem einfach in der Einarbeitung.
Preis/Leistung: Für die Leistung ist der Preis mehr als fair.
Sicherheit: Wird in Deutschland entwickelt und in Deutschland gehostet. Es sind verschiedene Sicherheitsstufen realisierbar z.B. On Premise Lösung, Single Sign On, per E-mail Einladung und Passwort bis hin zu: jeder mit Link kann mitarbeiten. So ist geschlossene Teamarbeit als auch offene Webinare möglich.
Web Fähigkeit: Schön finde ich, jedes hinzugefügte Element ist ein Objekt und hat einen Web-Link.
Struktur und Orientierung: Jedes dieser Objekte kann in ein “Inhaltsverzeichnis / Zuordnung” aufgenommen werden.
Collaboration: Kommentare/ToDo zu Objekte finde ich sehr wertvoll für die Team Arbeit. Die Follow Me Funktion, die Find User, die Farbzuordnung je User, Welche Ansicht hat ein User…. alles funktional und durchdacht.
Meine Empfehlung: Probeaccount anlegen und selber loslegen.
Fazit Sven
ConceptBoard bietet einen großen Funktionsumfang, der sich relativ einfach erschließt und vielfältig genutzt werden kann. Die kostenlose Variante ist ausreichend für ad-hoc-Nutzung und kleinere Vorhaben, wie Miniworkshops oder einfache Whiteboardarbeiten geeignet.
Die Pro-Variante erscheint mir angemessen für den regelmäßigen Nutzer. Der Preis ist dabei mehr als fair.
Durch das Importieren von pdf- und video-Dateien kann dieses Werkzeug gepaart mit der Follow-Me-Funktion sehr gut für Präsentationszwecke eingesetzt werden. Somit empfiehlt es sich als Plattform für Workshops bei denen sowohl Präsentation als auch interaktive Arbeit eingesetzt werden soll.
Durch den endlosen Zeichenbereich steht viel Platz zur Verfügung und der nahtlose Zoom ermöglicht das Arbeiten auch mit kleineren Bildschirmen. Den Überblick behält man dabei dank der Miniaturübersicht.
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